Am Sonntag (26.9.) erreichte der EU-Sonderzug „Connecting Europe Express“ (CEE) am Münchner Hauptbahnhof seine erste Station in Deutschland. Der am 2. September in Lissabon gestartete Botschafter für das „Europäische Jahr der Schiene 2021“ wird bis zum 3. Oktober weitere zehn deutsche Städte ansteuern. Aus München rollt er über die ‚Magistrale für Europa‘ nach Stuttgart, Ulm und Karlsruhe. Auf seiner Tour über den Kontinent verbindet der CEE rund 100 Städte, ehe er am 7. Oktober in Paris ankommt.

Einen raschen Ausbau der europäischen Schienenachse Paris – Budapest/Bratislava fordern Politik und Wirtschaft auf der Fahrt der Initiative ‚Magistrale für Europa‘ im Connecting Europe Express zwischen München und Stuttgart. „Ein Ausbau des Schienenverkehrs wird zu mehr Lebensqualität in Europa führen. Denn es gibt keine entspanntere und umweltfreundlichere Art zu reisen als mit dem Zug“, sagte Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, Vorsitzender der Initiative ‚Magistrale für Europa‘. „Langfristig müssen Hochgeschwindigkeits- und Nachtzüge für Verbraucher*innen das Reisemittel erster Wahl werden. Dass der Connecting Europe Express auch zwischen München und Stuttgart über die ‚Magistrale für Europa‘ fährt, sendet ein wichtiges Signal in Richtung Politik, den Ausbau der Achse weiter voranzutreiben.“

Der europäische Bahnverkehr als Treiber für den Klimaschutz

Um einen möglichst großen Effekt für das gesamteuropäische Schienennetz zu erreichen, müssten alle Teilstücke der Magistrale den Standards des europäischen Hochgeschwindigkeitsverkehrs gerecht werden, fordert die Initiative. „Europa verfügt bereits über ein sehr dichtes Zugnetz. Wenn wir es schaffen, die Interoperabilität zwischen den einzelnen Staaten zu verbessern und durchgängige, attraktive Verbindungen anzubieten, dann wird der Zug zukünftig auch auf großen Distanzen mit dem Flugzeug konkurrieren können. Dass dies durchaus möglich ist, sehen wir ja bereits heute zwischen Stuttgart und Paris“, sagt der Vorsitzende.

Denn das Verlagerungspotenzial auf der Achse Paris – Budapest/Bratislava sei enorm: Nach Ausbau der kompletten ‚Magistrale für Europa‘ sei mit rund 1,6 Millionen zusätzlichen Reisenden pro Jahr zu rechnen. Im Güterverkehr ließen sich jährlich rund 3,5 Mio. Tonnen von der Straße auf die Schiene verlagern. Das entspräche rund 220.000 LKW-Ladungen. „Die Bahn wird da zum relevanten Treiber für das Erreichen der gesetzten Klimaschutzziele in Europa“, so Mentrup.

Ausbau wichtiger Verkehrskorridore in Europa

Klaus-Dieter Josel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für den Freistaat Bayern, sagte am Montag: „Damit Europa wettbewerbsfähig bleibt und alle am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben können, braucht es funktionierende und nachhaltige Transportwege. Die Europäische Union hat dafür ein grenzüberschreitendes Netz aus neun Korridoren geschaffen, deren Strecken bis zu fünf Länder miteinander verbinden. Sechs dieser Korridore führen durch Deutschland; zwei davon durch Bayern: der Skandinavien-Mittelmeer-Korridor und der Rhein-Donau-Korridor. Die Ausbauprojekte München-Mühldorf-Freilassing sowie Ulm-Augsburg liegen beide auf der transeuropäischen Verbindung.

Der Ausbau der Projekte wird in den kommenden Jahren vorangetrieben, um die wichtige Verkehrsachse zu stärken und wichtige Tourismus- und Wirtschaftszentren in Deutschland und Europa zu verbinden. Als Deutsche Bahn haben wir mit unserer Strategie „Starke Schiene“ das elementare Anliegen: Mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen – für das Klima, für die Menschen, für die Wirtschaft und für Europa“, so Josel.

Thorsten Krenz, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn AG für das Land Baden-Württemberg, erklärte: „Das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm halbiert die Fahrtzeit zwischen den beiden bedeutenden Metropolregionen um eine halbe Stunde auf eine halbe Stunde. Davon profitieren Reisende bereits, wenn die Züge Ende 2022 auf der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm verkehren und dann nochmals ab 2025 mit der Inbetriebnahme von Stuttgart 21. Wir treiben nicht nur die Mobilitätswende im deutschen Südwesten voran, sondern leisten auch dank der Unterstützung der Europäischen Union einen herausragenden Beitrag für die Beschleunigung auf der Magistrale Paris–Budapest/Bratislava“.

Mehr Kapazitäten durch die Digitalisierung der Schiene

Einen weiteren wichtigen Beitrag zur Verbesserung des Schienenverkehrs in Europa wird die Ausstattung des Fahrtwegs und der Züge mit dem European Train Control System (ETCS) sein. „Bislang existieren mehr als 20 nationale Eisenbahnleit- und Sicherungssysteme in Europa, die zügige Einführung eines europaweit standardisierten digitalen Zugbeeinflussungssystem ist daher unabdingbar,“ so Herr Bopp, Vorsitzender des Verband Region Stuttgart und Mitglied des Vorstands der Initiative. Ein weiterer Vorteil: ETCS ermögliche das Fahren höherer Geschwindigkeiten und lasse gleichzeitig dichtere Zugfolgen zu. Dadurch sei im Schienennetz mit einem Kapazitätszuwachs von bis zu 20 Prozent zu rechnen.

„Stuttgart spielt hier eine tragende Rolle, denn die Metropolregion erhält den ersten digitalen Schienenknoten Deutschlands. Die Erkenntnisse, die wir aus diesem Pilotprojekt ziehen, können dann auf die ETCS-Ausstattung weiterer Streckenabschnitte, sowohl auf der ‚Magistrale für Europa‘ als auch darüber hinaus, angewandt werden“, erläutert Bopp. Denn das europäische Zugbeeinflussungssystem kann nicht nur im Bereich der Hochgeschwindigkeitsverkehre eingesetzt werden, sondern zukünftig auch hochbelastete S-Bahn-Systeme entzerren.

Ein Zug verbindet Europa

Der Connecting Europe Express ist eine Initiative im Europäischen Jahr der Schiene 2021 und verbindet die portugiesische, slowenische und französische EU-Ratspräsidentschaft miteinander. Der Sonderzug, der auf der europäischen Normalspur fährt, besteht aus sechs Wagen von Eisenbahnunternehmen aus sechs Ländern: Österreich, Ungarn, Schweiz, Italien, Frankreich und Deutschland. Neben dem Ausstellungswagen gibt es je einen Konferenz-, Speise- und Schlafwagen sowie zwei Sitzwagen.

Mit zahlreichen Aktionen in ganz Europa wird die Nutzung des Schienenverkehrs das ganze Jahr über gefördert und damit ein Beitrag zum Ziel des europäischen Grünen Deals – Klimaneutralität bis 2050 – geleistet. Der Schienenverkehr ist EU-weit für weniger als 0,5 Prozent der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen verantwortlich und zählt damit zu den nachhaltigsten Formen des Personen- und Güterverkehrs. Dennoch werden nur etwa 7 Prozent der Fahrgäste und 11 Prozent der Güter per Bahn befördert. 2021 ist außerdem das erste Jahr der vollständigen Anwendung des 4. EU-Eisenbahnpakets für einen einheitlichen europäischen Eisenbahnraum. Damit werden wichtige Weichen für ein effizienteres europäisches Schienennetz und nahtlose Mobilität über Grenzen hinweg gestellt.